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Doch ist wirklich nur die Coronakrise am fehlenden Personal in der Hospitality schuld oder hat man sich jahrelang zu wenig um die Arbeitsbedingungen und das Wohlergehen der Angestellten gekümmert? Was sind Lösungsansätze, damit sich wieder mehr Menschen für die Branche begeistern könnten? Wir diskutieren das Thema soziale Nachhaltigkeit mit Experten und richten gleichzeitig das Augenmerk auf die ökologischen Aspekte der Thematik. 

Hotels und Gastrobetriebe sehen sich aktuell mit einem überdurchschnittlichen Personalmangel konfrontiert. Bei einem Podiumsgespräch diskutierten Jan Stiller, Hoteldirektor Lenkerhof und Delegierter Relais & Châteaux Schweiz & Liechtenstein, Urs Pfäffli, Präsident Gastro Zürich und Jordan Kestle, Geschäftsführer Berufsverband Hotel Administration & Management bei der Hotel & Gastro Union bei einer von STC-Vorstandsmitglied Martin Hoch geführten Podiumsdiskussion über die Ursachen.

Von links: Jan Stiller, Martin Hoch, Urs Pfäffli, Jordan Kestle

Am 5. Juli füllte sich der Raum im AMERON Zürich Bellerive au Lac innert Kürze. Das brandaktuelle Thema «Fachkräftemangel in der Hotellerie und Gastronomie» und das prominent besetzte Podium sorgten für einen bis auf den letzten Platz gefüllten Raum.

Seit der Pandemie haben laut Bundesamt für Statistik 28’000 Personen die Hotel- und Gastrobranche verlassen (umgerechnet 18’000 Vollzeitstellen.) Dazu fehlten im ersten Quartal 2022 in der Hotellerie und Gastronomie 10’500 Arbeitskräfte. Und das obwohl, wie Urs Pfäffli anfügte, die Branche äusserst interessant und spannend für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sei. Er ortete ein Problem in der Kommunikation und sagt: «Wir verpassten es bis anhin, dies gegen aussen zu vermarkten.»

Die Ursachenforschung des Fachkräftemangels führte zu den verschiedensten Punkten. In vielen herrschte Einigkeit, nicht aber bei einem umstrittenen Punkt. So forderte Jordan Kestle die Arbeitgeberseite auf, man solle die Blockade beim neuen Landes-Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) aufgeben. Jan Stiller antwortete darauf, dass gut geführte Hotels längst mehr für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten würden, als vom L-GAV gefordert. Gerade jetzt könnten Bewerberinnen und Bewerber durchaus Forderungen stellen. «Eine der ersten Fragen bei Bewerbungsgesprächen ist inzwischen, ob man den Hund zur Arbeit mitnehmen kann», sagt Stiller augenzwinkernd.  

Bei den Massnahmen mache es wohl der Mix aus – diskutiert wurden mitunter die 4-Tage-Woche, Bildungsangebote, Führungssstrukturen und Rahmenbedingungen. Und dass wohl kein Weg daran vorbeiführe, dass die Preise in der Hotellerie und Gastronomie steigen werden. Urs Pfäffli fügte an: «In Zukunft werden wir vermehrt Verpflegungsbetriebe haben – Orte, die man zur Nahrungsaufnahme besucht – und daneben eine Erlebnisgastronomie, die mehr bietet und auch mehr kostet.» Eine Richtung, die alle drei Podiumsteilnehmer begrüssten. Schliesslich solle der Branche wieder mehr Wertschätzung entgegengebracht werden. 

Nach der Podiumsdiskussion gingen die Gespräche bei einem Apéro-riche in der Bar und auf der Aussenterrasse des Hotels mit Blick auf den Zürichsee weiter. 

Martin Hoch