Gegen 40 Swiss Travel Communicators trafen sich Ende Januar im Rahmen der FESPO Zürich, um aktuellen Reisetrends auf den Puls zu fühlen: Ist nachhaltiges Reisen im Jahr 2025 mehr als nur ein Schlagwort? Wie verändert künstliche Intelligenz die Reiseplanung? Und wie beeinflusst der Klimawandel unser Reiseverhalten? Gemeinsam mit Experten suchten sie in einer lebhaften Diskussion Antworten auf diese Fragen.

Prof. Dr. Fabian Weber, Experte für nachhaltige Entwicklung im Tourismus vom Institut für Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern, zeichnete ein differenziertes Bild der aktuellen Situation: «Studien zeigen, dass 60 bis 80 Prozent der Leute nachhaltig unterwegs sein wollen. Allerdings gibt es bei der Umsetzung, insbesondere bei Buchungen und der Wahl der Verkehrsmittel, noch einen Attitude Gap.»


Stefanie Schulze zur Wiesch, CEO von DERTOUR Suisse, gab einen realistischen Einblick in die aktuelle Praxis: «Die Bewegung ist in Gang, dauert aber länger als wir uns das wünschen. Vor allem buchen noch nicht so viele nachhaltig, wie wir das gern sehen würden. Der Wunsch nach individuellen Reisen nimmt bei uns stark zu und ist ein grosser Trend.» Diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit offenbart die Herausforderungen, die die Branche noch zu überwinden hat.
Michael Mettler, Geschäftsführer von Helbling Reisen, betonte die Bedeutung einer kulturellen Veränderung innerhalb der Unternehmen: «Nachhaltigkeit muss zur Philosophie in den Firmen werden, an der die Mitarbeitenden Spass haben und schon gern von sich aus die entsprechenden Hotels vorschlagen.»
Stefanie Schulze zur Wiesch unterstrich die Notwendigkeit, nachhaltige Angebote besser sichtbar zu machen: «Wir müssen die nachhaltigen Produkte transparenter machen, damit unsere Kunden sie in der grossen Menge an Angeboten auch finden. Da hat die Branche noch Nachholbedarf.» Diese Transparenz könnte den entscheidenden Schritt zur Umsetzung nachhaltiger Reisepraktiken darstellen.
Last Chance Tourismus und Overtourism
Der Einfluss von Naturkatastrophen auf das Reiseverhalten stand ebenfalls im Fokus der Diskussion. Michael Mettler erklärte, dass sich das Reiseverhalten in den letzten Jahren verändert hat: «Bei uns geht es mehr weg vom Sommertourismus hin zum Herbst. Im Sommer bleiben die Leute jetzt oft gern daheim, denn da ist es nicht so heiss wie an vielen beliebten Feriendestinationen. Dafür wird im Herbst gereist.»
Stefanie Schulze zur Wiesch bestätigte diese Tendenz und fügte hinzu: «Wir sind dabei, neue Destinationen zu entwickeln, abseits der Orte, wo es die Massen hinzieht.»
Und Fabian Weber ergänzte: «Klimatische Bedingungen haben Einfluss auf das Reiseverhalten. So stehen die kühlen skandinavischen Länder seit einiger Zeit hoch im Kurs.»
- «Noch schnell die Eisbären sehen, bevor sie weg sind» (Tages Anzeiger, 7.12.24)
Zum Thema «Overtourism» betonte Stefanie Schulze zur Wiesch die Bedeutung flexibler Reisezeiten: «Man muss einfach zu anderen Zeiten reisen, nicht dann, wenn alle unterwegs sind. Wer zwischen November und Januar nach Venedig fährt, entgeht den Massen. Das funktioniert auch bei anderen Trenddestinationen.» Fabian Weber warnte jedoch vor zu einfachen Lösungen: «Ich kann nicht bestätigen, dass die räumliche Verteilung so einfach klappt. Entweder sind die Leute nicht so flexibel oder es fehlt an Angeboten ausserhalb der Saison.»

Vorteile der persönlichen Beratung
Michael Mettler hob die Expertise von Reisebüros hervor: «Wir können dank unserem Wissen das Beste aus einer Destination herausholen. Wir machen viele Studienreisen, um die Orte, die wir verkaufen, wirklich sehr gut zu kennen. Das ist ein Mehrwert, den wir als Reisebüro bieten und der zugleich auch unsere Berechtigung ist.»
Durch diese tiefere Kenntnis können Reisebüros massgeschneiderte und authentische Reisen anbieten, die weit über Standardangebote hinausgehen.

Reisetrends im Jahr 2025
Michael Mettler berichtete über die aktuellen Reisetrends, dem Hauptthema des Abends: «Wir stellen fest, dass die Leute bei uns derzeit stark Ozeanien buchen, also Australien, Neuseeland und die Südsee. Japan lag letztes Jahr sehr im Trend. Und wenn Edelweiss neue Destinationen anfliegt, werden bald danach in diesen Ländern oder an diesen Orten Rundreisen angeboten.»
Stefanie Schulze zur Wiesch fügte hinzu: «Drehorte von populären Serien haben eine grosse Anziehungskraft auf die Leute. 2024 haben wir ebenfalls eine grosse Nachfrage nach Japan festgestellt und jetzt ist Südkorea ziemlich gefragt.»
Das Konzept des Last Chance Tourismus, das oft mit der Sorge um bedrohte Reiseziele assoziiert wird, scheint jedoch mehr ein «Buzzword» zu sein als ein echter Reisetrend. Es gibt keine klaren Anzeichen dafür, dass Schweizer Reisende vom Klimawandel bedrohte Destinationen bevorzugen. Stattdessen dominieren klassische Reiseziele sowie jeweils neue Flugverbindungen die Reiseentscheidungen.

Künstliche Intelligenz in der Reisebranche
Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in der Reisebranche schien ein zentrales Thema zu sein. Michael Mettler betonte die Notwendigkeit für die Reisebranche, sich digital anzupassen. Im Jahr 2025 ist die Kundschaft zunehmend mündig und nutzt gängige KI-Tools, um sich auch während der Beratungsgespräche live zu informieren. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, mehr digitale Inhalte wie Videos und Bilder anzubieten und eine digitale Brücke zu den Filialen zu schlagen.
Stefanie Schulze zur Wiesch erklärte, dass ihr Unternehmen derzeit an einem Chatbot arbeitet, der Reisen zusammenstellen kann. Allerdings ist dieser noch nicht für alle Zielgruppen geeignet.
Und schliesslich warnte Fabian Weber vor den zukünftigen Herausforderungen durch KI-Reisespezialisten, die die Branche vor neue Aufgaben stellen könnten. Stefanie Schulze zur Wiesch sah jedoch keine Gefahr für Arbeitsplätze, da KI hauptsächlich bei administrativen Aufgaben entlasten wird. Also bei Aufgaben, die Mitarbeitende oft weniger schätzen und dank der Auslagerung wertvolle Zeit für die persönliche Kundenberatung schaffen.

Fazit: Im Jahr 2025 wird das Reisen von Nachhaltigkeit, Anpassungsfähigkeit und Technologie geprägt sein.
Die Diskussion zeigte, dass nachhaltiges Reisen ein wachsender Trend ist, der jedoch noch Herausforderungen birgt. Die Flexibilität der Reisenden und die Anpassungsfähigkeit der Branche sind entscheidend für den Erfolg.
Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Künstliche Intelligenz auch über das Jahr 2025 hinweg eine wichtige Rolle spielen wird, um Effizienz zu steigern und Kunden besser zu bedienen.
Ein grosses Dankeschön geht an Stephan Amstad, Messeleiter der FESPO Zürich, und seinem Catering-Team. Denn beim offerierten Apéro konnten die Anwesenden inmitten der vielfältigen Kulissen die Themen weiter vertiefen und neue Kontakte knüpfen.