Dass nachhaltig fliegen kein Widerspruch in sich selbst sein muss, zeigte Melanie Heiniger, SWISS Verantwortliche für Environmental Affairs & Corporate Responsibility, am virtuellen STC-Event vom 27. Januar eindrücklich auf. Sie verschwieg aber nicht, dass Mobilität – sofern diese nicht zu Fuss oder per Fahrrad erfolgt – immer einen ökologischen Fussabdruck hinterlasse. Mobilität sei und bleibe ein Grundbedürfnis des Menschen und Teil der globalisierten Welt. Sie machte auch klar, dass nicht der Flugverkehr per se, sondern die CO2-Emissionen bzw. die Klimawirkung reduziert werden müsse, denn Mobilität lasse sich nicht verbieten. Vor Augen führen müsse man sich auch, dass der gesamte zivile Luftverkehr weltweit lediglich 3% des von Menschen verursachten globalen CO2-Ausstosses ausmache. Von diesen 3% entstünden wiederum mehr als 80% auf Strecken über 1’500 Kilometer, wo es kaum Alternativen zum Fliegen gäbe.
Transformation in Richtung «Grünes Fliegen» oder «Grüne Wirtschaft» sei generell nicht gratis zu haben. Dabei seien nationale Lenkungsmittel wie Steuern oder Abgaben nicht zielführend. Es brauche vielmehr zielgerichtete, zweckgebundene Anreize und international harmonisierte Ansätze um den Klimaschutz im Luftverkehr voranzubringen.
Ein landläufiger Irrtum sei, dass die Preise fürs Fliegen einfach angehoben werden können. Dies stimme so nicht, da die Flugpreise durch Angebot und Nachfrage bestimmt würden. Höhere Preise würden dazu führen, dass Passagiere trotz Umweltbewusstsein aufgrund ihrer starken Preissensibilität billigere Umwegflüge in Kauf nähmen. Dies wiederum verschlechtere die CO2-Bilanz und beeinträchtige durch die Verlagerung von Verkehrsströmen die Volkswirtschaft negativ.
Gemäss Melanie Heiniger ist der momentan grösste Hebel, um Emissionen zu vermeiden, die Investition in moderne Flugzeuge. Jede neue Flugzeuggeneration reduziere den CO2-Ausstoss um über 20%. So konnte SWISS seit dem Jahr ihrer Gründung im Jahr 2002 den Ausstoss pro Passagier bis 2019 um gut 30% reduzieren. Nicht vergessen werden dürfe, dass die aktuell weltweit bestellten Flugzeuge noch rund 40 Jahre im Einsatz seien. Neue Technologien könnten zwar mit fossilem Treibstoff betriebene Flugzeuge mittelfristig ersetzen, künftig allenfalls mit Wasserstoff- oder Elektroantrieben betriebene Flugzeuge benötigten aber zudem auch neue (Flughafen-) Infrastruktur und damit eine sehr lange Einführungszeit. Weiter werden Elektroflugzeuge höchstens auf der Kurzstrecke eine Alternative sein, da die Energiedichte beim Elektroantrieb zu gering ist bzw. die Batterien zu schwer sind.
Deshalb komme dem nahezu klimaneutralen Sustainable Aviation Fuel (SAF) grosse Bedeutung zu. Dieser kann direkt für die bestehenden Flugzeuge und Infrastruktur verwendet werden und so die CO2-Reduktion im Luftverkehr rasch einleiten. Jedoch ist zurzeit dessen Verfügbarkeit noch sehr beschränkt. Lediglich 1% des weltweiten Bedarfs an Treibstoff ist aktuell nachhaltig produziert. SAF, welches aktuell in der Lufthansa Gruppe zum Einsatz kommt, wird aus biogenen Grundstoffen, wie etwa gebrauchten Speiseölen oder -fetten hergestellt. Eine Weiterentwicklung von SAF sind synthetische Treibstoffe, die mit CO2 aus der Luft, Wasser und erneuerbarer Energie oder Sonnenlicht gewonnen werden. In diesem Bereich hätten mit Synhelion und Climeworks zwei Schweizer Unternehmen Schlüsseltechnologien entwickelt, mit denen SWISS und die Lufthansa Gruppe zusammenarbeiten, um die Markteinführung zu unterstützen.
SWISS habe sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 ihren CO2-Ausstoss gegenüber 2019 zu halbieren und ab 2050 klimaneutral fliegen können. Deshalb treibe sie eine Vielzahl von Massnahmen voran, um ihre Ziele zu erreichen. Aber die Erreichung der Klimaziele sei nur mit den richtigen gesetzlichen Grundlagen möglich. Hier sei insbesondere die Politik gefordert, die Marktentwicklung für nachhaltigen Treibstoffe voranzubringen, denn einerseits ist dessen Verfügbarkeit noch sehr niedrig und der Preis bis zu zehn Mal höher als beim fossilen Kerosin.
Zum Schluss, gab Melanie Heiniger noch Tipps für «nachhaltiges Fliegen»: Passagiere sollten bewusst reisen und den am besten geeigneten Verkehrsträger wählen. Sollte die Wahl aufs Fliegen fallen, ist darauf zu achten, dass eine Fluggesellschaft mit möglichst modernen Flugzeugen, die weniger CO2 emittieren, bevorzugt wird. Zudem sollten wann immer möglich direkte Verbindungen gewählt werden. Durch den Kauf von SAF und den Ausgleich über Investitionen in CO2-Kompensationsprojekte sei CO2-neutrales fliegen zudem bereits heute möglich.
Dan Bärlocher, Felix Pal